Ein Wochenend-Workshop mit Kunst und Reflexion im Kloster Benediktbeuern
Das dritte Wochenende im Januar 2019 führte uns ins herrliche Blaue Land, nach Benediktbeuern – genau an und hinter die Pforten des Klosters. Schon am Vortrag reiste ich mit Sack und Pack an, um mir die Landschaft, die Lage und auch die Räume genauer anzuschauen. Ich war vorher nie dort und wusste also nicht so recht, was mich erwartet. Ich bin ja jemand, der gerne gut vorbereitet ist 😉 Und nach vielen Tagen grau und feucht, erwartete mich ein strahlend blauer Himmel, Sonnenschein und eine fantastische Energie der Klosterstätte. Es war wirklich ergreifend und gleichzeitig so erfüllend, als ich dort ankam. Warum ich überhaupt dort ankommen wollte?
Burn-On! Gib deinem Herzenswunsch die Kraft, die er verdient
Das war unser Motto und unser Thema, das wir an diesem stillen und friedvollen Ort bringen wollten. Gemeinsam mit unseren Teilnehmerinnen war es uns ein Anliegen, Altes zurück- und loszulassen, sowie Neues zu entfachen. Noch besser gesagt: Wir wollen unsere Teilnehmerinnen dabei unterstützen, einen ihrer Herzenswünsche (oder auch mehrere) auf den Grund zu gehen und hierfür den Funken zu entzünden.
Das ist es, was Karola Steinbauer (Künstlerin) und ich an diesem Wochenende weitergeben wollten. Und zwar nutzen wir hierfür unsere Kernkompetenzen: Karola, die viel Erfahrung in der künstlerischen Arbeit mit Menschen hat, und ich als leidenschaftlicher Coach für mentale Gesundheit (was nicht heißt, dass Karola mit weniger Leidenschaft am Werk ist :-D). Wir verbinden somit die Energie der Kunst mit der Kraft der Reflexion, um den Menschen dazu zu verhelfen, Belastendes loszulassen und Neues groß werden zu lassen und diesem „ein Gesicht“ zu verleihen.
Tag 1 – Belastendes erkennen, Ausdruck verleihen und verbrennen
So starteten wir an Tag 1, im wunderschönen Franz-Marc-Zimmer – mit Blick auf die schneebedeckten Berge und Wiesen – mit wundervollen, lieben Teilnehmerinnen in den Kennenlernprozess. Anhand von Türen sollte sich jede Teilnehmerin vorstellen und nach Belieben darüber berichten, was ihre Intention für diesen Workshop ist und was sie sich von diesem Wochenende erhofft bzw. was sie erwartet. Gleich im Anschluss folgte eine erste mentale Einheit. Wodurch die belastenden Themen und Situationen zum Vorschein kommen konnten. Und damit diese Erkenntnisse während der Mittagspause nicht in Vergessenheit geraten, wurden die Störenfriede umgehend in Worten und Zeichen ausgedrückt.
Es entstanden somit individuelle Konstruktionspläne, womit die Teilnehmerinnen ihrem Ballast Ausdruckt verleihten. Meiner Meinung nach entstanden hier wunderschöne Bauwerke. Umrahmt waren diese stets von der liebevollen und auch sanften Absicht, mit bestimmten Themen und Situationen Frieden zu schließen. Darum ging es uns nämlich ganz konkret. Ohne Groll und Wut sollten die Dinge losgelassen werden. In den Impressionen sind ein paar der Kunstwerke abgebildet, gebaut aus brennbaren Materialien. Dies war der erste große Bestandteil unseres Wochenendes. Und waren die schweren Sachen erstmal verstaut, konnten wir mit etwas Neuem beginnen. Die Vorbereitung für den eigentlichen künstlerischen Prozess mussten unbedingt noch an Tag 1 getroffen werden.
Rahmenbau und Grundierung
Für ein Gemälde benötigt man ja schließlich einen Rahmen, welchen die Teilnehmerinnen selbst kreierten und anschließend auch bauten. Um eine Ahnung davon zu bekommen, welche Grundwerte das Kunstwerk verkörpern soll, wurde eine weitere Methode aus dem Mentaltraining verwendet. Als Ergebnis standen danach pro Teilnehmerin 1 bis 5 Werte zur Verfügung. Die Werte an sich können aus ihrer Bedeutung heraus bereits einen Anhaltspunkt für das Format des Gemäldes geben. Sei es nun ein Quadrat, ein Rechteckt quer, ein Rechteck längs schmal, ein Rechteck quer schmal usw. Karola ist hierfür die Spezialistin und gab entsprechende Empfehlungen ab. Jede Teilnehmerin konnte aber für sich entscheiden, ob sich dies stimmig anfühlt oder das Format nochmals verändert werden soll.
Insgesamt geht an diesem Wochenende sehr viel über Gefühl und Emotion. Es bedarf schon einer gewissen Offenheit, um sich auf diesen intimen Prozess einzulassen. Schließlich entsteht hier etwas sehr Großes, aus etwas sehr Zartem, Kleinem. Und diesem noch so kleinen Funken muss man sich öffnen können und auch wollen. Nichts desto trotz kann jedes einzelne, persönliche Thema immer im Stillen behandelt werden. Niemand muss etwas von seinem Ballast und seinem Wunsch preisgeben. Jede so viel wie möglich und nur so viel wie nötig.
Ist die Basis für den Rahmen gelegt, führt Karola über die Theorie zunächst an den Rahmenbau heran. Worauf die Künstlerinnen ihren Rahmen selbst zusammenbauen und mit der Leinwand bespannen. Gleich danach geht es an die Kunde zu den verschiedenen Grundierungen aus natürlichen Rohstoffen. Dies saugen die Teilnehmerinnen interessiert auf und setzen es ebenso fleißig um. Es entstehen schon jetzt, während der Grundierung erste Kunstwerke. Karola erzählt, dass manche Teilnehmer aus früheren Workshops das Kunstwerk allein mit der Grundierung nutzen.
Individualität – In der Kunst ist alles erlaubt und alles möglich
Und was erstaunlich ist, jede Leinwand sieht bereits nach der Grundierung anders aus. Es gibt keine, die sich in irgendeiner Weise gleichen würde. Es lässt sich somit festhalten, dass der Mensch und seine Sorgen, Ängste und Zweifel, als auch seine Wünsche, seine Absichten und Ziele so individuell ist, dass es einfach nur wundervoll ist zu sehen, wie einzigartig jeder einzelne von uns ist. Hier frage ich mich, weshalb wir also so viel mit uns selbst hadern, uns vergleichen, uns immer wieder einem Wetteifern hingeben (bewusst und unbewusst) und nicht einfach die wunderschöne Einzigartigkeit unseres Selbst schätzen. Diese Kostbarkeit, die jedem von uns innewohnt. Dieses Unbezahlbare, von unschätzbarem Wert. Jeder Mensch kann auf seine ganz eigene Art und Weise etwas erschaffen, dass es so kein zweites Mal auf diesem Planeten gibt. Und das Tolle daran ist – es entsteht aus seinem Inneren heraus, wenn es dem Menschen gelingt, auf sein Herz zu hören, seiner Intuition zu lauschen und seinen Träumen zu folgen.
Ja, geschafft aber happy können wir so den Teil der Reflexion und des Handwerkens abschließen und uns der Zeremonie widmen. Richtig gehört, der Zeremonie. Wir wollen die Kunstwerke (alle entflammbar :-D) zur blauen Stunden, unter dem Vollmond, im Schutze des Klosters, achtsam und liebevoll den Flammen übergeben. Dadurch können sich die Teilnehmerinnen von ihren Sorgen und Ängsten verabschieden. Im Bewusstsein, dass durch das Feuer das Objekt in einen anderen Zustand wechselt – nämlich zu Asche wird – und dass sich daraus wieder neue Energie ergibt. Aus Asche wird Erde und aus Erde wird Leben.
Wir setzen somit einen weiteren Anker auf dem Weg vom Seelenballast hin zum Funken, der den Herzenswunsch entfachen soll. Die Zeremonie ist sehr still. (Insgesamt ist es an diesem Ort sehr ruhig und still. Man hört kaum jemanden. Für eine Auszeit wirklich ein tolles Fleckchen!) Wir reden kaum. Und wenn jemand etwas sagt, dann wie schön die Objekte verbrennen. Man sieht die Strukturen der Materialien im Feuer glühen und wir sehen jedem einzelnen Kunstwerk zu, wie es nach und nach verschwindet.
Diese Wertschätzung bieten wir jeder einzelnen Teilnehmerin, die sich so viel Zeit für „das ins Feuer werfen“ nehmen kann, wie sie eben braucht. Zum Abschluss des ersten Tages war das wirklich ein ergreifendes Erlebnis. Dass gerade dieser sehr spirituelle Part einer der wichtigsten des gesamten Wochenendes war, erfahren wir zwar erst am nächsten Tag. 🙂
So war es getan. Altes losgelassen. Belastendes verbrannt. Freiraum für Neues geschaffen.
Dieser Tag kostete uns bereits viel Energie, sodass wir uns zum inoffiziellen Teil auf den Weg in Richtung italienisches Restaurant machten. Dort ließen wir den Tag gebührend ausklingen. Es war köstlich, amüsant und so wohltuend. Genau richtig, um sich für den nächsten Tag zu wappnen.
Vielleicht noch etwas müde und gleichzeitig so erfüllt, ging es an Tag 2 frühmorgens in den Speisesaal zur Stärkung. Das Frühstück wartete auf uns in einem wundervollen, großen, mit Kronleuchtern und Hussen ausgestatteten Ballsaal. Mit meterhohen Fenstern. Die Sonne war am Aufgehen, die Gipfel der umliegenden Berge leuchteten rötlich, der Schnee und Frost über der Landschaft… einfach alles war perfekt. Und wir hatten die Ehre, dieses wundervolle Ambiete nahezu alleine zu nutzen. Gerade einmal zwei weitere Gäste saßen mit uns im Saal. Und erneut diese Ruhe in diesem Haus – es gibt eigentlich keine Beschreibung mit Worten! Man muss es erlebt haben. So konnten wir also schon zum Frühstück Energie tanken und Motivation fassen, weil es uns so überwältigte!
Tag 2 – Den Herzenswunsch erkennen und den Funken entzünden
Nachdem wir uns versorgt hatten, ging es dann über in den zweiten großen Teil unseres Workshops – das Malen. Um aber genau zu wissen, wie der Herzenswunsch und der Funke auf die Leinwand kommen sollen, hieß es zunächst, den Herzenswunsch zu erkennen. Es geht konkret um die Frage: „Was genau ist mein Herzenswunsch?“, „Was wünsche ich mir für 2019?“, „Was möchte ich zum Brennen bringen?“. Das ist gar nicht so einfach, also dies konkret auf den Punkt zu bringen. Also waren erneut Methoden gefordert, um das Gefühl, die Emotion und die Gedanken zu bündeln und den Teilnehmerinnen zu entlocken.
Dieses Mal ging jede für sich in die Einzelreflexion, um sich damit selbst auseinandersetzen zu können. Und ebenfalls in der ersten Hälfte des zweiten Tages führte Karola die Teilnehmerinnen durch die verschiedensten Materialien und Farben, welche zum Malen zur Verfügung standen. Das ist für den Anfang eine ganze Menge. Sich auch hierbei zu entscheiden, welche Farbe & Co. auf die Leinwand soll, ist ein Prozess, der nicht zu unterschätzen ist.
Insgesamt darf der Prozess nicht unterschätzt werden. Jede Wahl die getroffen wird, hat am Ende eine Bedeutung. Karola ist hierfür eine klasse Expertin. Bevor also wirklich mit dem Kern des Wochenendes begonnen werden kann, machten wir noch einmal eine Mittagspause, um uns zu stärken 😉 Die Versorgung durch die Klosterküche ist übrigens auch eine Wohltat. Wir waren das komplette Wochenende über super gut versorgt!
Aber dann
Ja dann ging es los. Jede Künstlerin hatte ihren Plan mehr oder weniger im Kopf – erschaffen durch die mentale Einheit vor der Pause – und wusste in etwa was sie machen möchte. So gaben sie sich die nächsten Stunden ganz fokussiert und achtsam ihrem persönlichen Gemälde hin und ließen die Pinsel und Farben laufen, sowie die Formen entstehen. Es war wirklich erstaunlich und bemerkenswert, was da an Kraft, Energie und Herzblut auf die Leinwände übertragen wurde.
So folgt jedem Anfang auch Ende und schwupp di wupp war das Wochenende auch schon nahe am Ausklang. Die Teilnehmerinnen hätten sicherlich noch ewig weitergemalt. Oder aber ein dritter Tage wäre sicherlich noch mit Inhalten zu füllen gewesen. Meiner Meinung nach, war es viel zu kurz! Die tolle Energie, die zwischen allen Menschen dieses Workshops entstand, tat einfach gut. Zumindest mir! 😀
Male stets auf deiner eigenen Leinwand
Ja und was soll ich sagen, man sieht es auf den Fotos oben ja selbst – die Kunstwerke sind so verschieden, gleichzeitig jedes in seinem Prozess so stimmig (siehe Vorarbeiten: Fotos, Zeichenproben etc.), dass es einfach nur verblüffend ist. Und doch haben wir bei der abschließenden Bildbesprechung so viele Gemeinsamkeiten entdeckt, dass man auch hier wieder die Verbundenheit mit den Augen wahrnehmen kann. Die besagte Bildbesprechung ist wichtig. Denn nur so können wir erfahren, ob das Ziel des Workshops, den Herzenswunsch zu erkennen und den Funken zu entzünden, erreicht wurde oder in wie weit er erreicht wurde.
Und auch wenn nach Abschluss des Wochenendes der Herzenswunsch vielleicht noch nicht ganz konkret erkennbar ist, so wirkt der gesamte Prozess weit über den Workshop hinaus nach. Das Bild kann durch seine Positionierung zuhause noch lange nachschwingen und auch immer wieder daran erinnern, woran es eben erinnern soll. 😉
Ich selbst bin für dieses Wochenende so dankbar! Es war der erste Workshop in dieser Form und in der Kooperation mit Karola Steinbauer. Und dafür, dass es die Premiere war, war es unheimlich leicht, präzise und flutschte! So darf es gerne wieder sein. Und ja, in uns keimt schon der Gedanke an den Workshop 2020 – gleiche Zeit, gleicher Ort, gleiche Headline. Nur der Inhalt wird sich etwas verändern.
Bis dahin lasse auch ich die Energie in mir noch lange nachklingen. Davon kann ich so sehr zehren… Ein abschließendes Wort, was mir nach diesem Wochenende umso mehr am herzen liegt ist:
Male stets auf deiner eigenen Leinwand!
Das wurde mir durch die Anleitung von Karola nochmals eindringlich bewusst. Gerade in der Kunst ist es ein No Go, auf der Leinwand eines anderen herumzufuhrwerken.
Und das möchte ich aufs Leben übertragen: Kümmere dich um dich selbst, kehre vor deiner eigenen Haustüre, male auf deiner Leinwand. Für alles andere bist du nicht verantwortlich und darauf hast du auch keinen Einfluss. Alles in Allem werden deine Erwartungen auch nie und nimmer auf der Leinwand eines anderen verwirklicht. Denn jedes Kunstwerk ist das Werk der Erschafferin, ihrer Emotionen, ihrer Gefühle und ihrer Absichten. Dort wirst du niemals das Ergebnis sehen, das in deinem Kopf existiert und das du dir vorstellst. Dieses Ergebnis kannst NUR DU auf DEINE EIGENE LEINWAND bringen.
Von ganzem Herzen
deine Anja Buntz
Fotos aus dem eigenen Fundus und von Karola Steinbauer